Trans* und non-binäre Menschen können ihre Stimme und ihre Sprechweise teilweise als nicht passend zu ihrem individuellen Gender-Ausdruck erleben. Da die Stimme ein wesentlicher Träger von Informationen wie Alter, Emotionen und Geschlecht sein kann, wünschen sich manche trans* und non-binären Menschen eine Angleichung. Dies kann ein sehr komplexer Prozess sein, bei dem ein individueller Stimmklang und entsprechende kommunikative Verhaltensmuster gemeinsam erarbeitet werden, wobei jedoch eine gesunde Stimme beibehalten werden soll. Wichtig ist dabei, dass die Stimme der individuellen Persönlichkeit Ausdruck verleiht und die entsprechenden Voraussetzungen und Wünsche der Person berücksichtigt werden. Die Stimmtherapie gehört zu den Kassenleistungen der logopädischen Therapie und wird bis einschließlich dem 18. Lebensjahr vollständig von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Ab dem 19. Lebensjahr muss eine Zuzahlung geleistet werden. Privatversicherte müssen bei ihrer Krankenkasse nachfragen, ob und in welchem Umfang die Logopädie übernommen wird. Auch hierfür ist eine Verordnung für die logopädische Stimmtherapie notwendig. Alle zugelassenen Ärzte:Ärztinnen können diese ausstellen. Eine Überprüfung des Kehlkopfes und der Stimmlippen durch HNO- oder Phoniatrie Fachärzt:innen wird vor Beginn der Therapie empfohlen.
Bei trans* Männern, die sich zu einer angleichenden Hormontherapie entscheiden, kommt es in der Regel innerhalb von ca. 12 Monaten zu einer Vertiefung der Stimme. Es ist jedoch möglich, dass diese Vertiefung nicht als ausreichend erlebt wird oder dass Schwierigkeiten wie Heiserkeit oder schnelles Stimmermüden auftreten können. In diesen Fällen ist es sinnvoll, eine logopädische Stimmtherapie durchzuführen, um einer Überlastung der Stimme oder einer Fehlnutzung entgegenzuwirken.
Bei erwachsenen trans* Frauen, die sich für eine angleichende Hormontherapie entscheiden, haben die Hormone keine Auswirkungen auf die Stimme. Während der Pubertät wächst der Stimmapparat mit den Stimmlippen und dem Kehlkopf durch den vermehrten Testosteroneinfluss etwa auf die doppelte Größe einer cis Frau. Dies lässt sich ohne operative Eingriffe nicht rückgängig machen. Allerdings gibt es die Möglichkeit, anstatt einer Operation oder als Ergänzung dazu, eine logopädische Therapie zur Stimmangleichung zu beginnen. Dabei werden auf Wunsch Möglichkeiten erlernt, wie die Stimme weiblicher klingen kann. Dabei ist nicht (nur) die Tonhöhe entscheidend, sondern auch Aspekte wie Resonanz, Sprechmelodie etc.. Als Logopäd*innen stehen wir Ihnen dabei sachkundig zur Seite, um Sie vor möglichen Verletzungen der Stimme durch unsachgemäßes Üben zu bewahren und dennoch eine Angleichung zu schaffen. Dies erfordert viel Geduld, Zeit und regelmäßiges Üben, um kontinuierlich Fortschritte zu machen und eine persönliche Stimme zu entwickeln. Wir können Ihnen ebenfalls beratend zur Seite stehen, wenn Sie eine Operation zur Stimmangleichung in Erwägung ziehen oder nach einer Operation Unterstützung benötigen, um Ihre „neue“ Stimme zu entdecken und damit zurecht zu kommen.
Bei non-binären Personen geht es ebenfalls darum, gemeinsam stimmliche Muster zu erarbeiten, die es ermöglichen, dem individuellen Gender Ausdruck zu verleihen. Die Stimme kann gemeinsam analysiert werden, um Wünsche festzulegen, welche Angleichungen im Fokus stehen sollen, sodass ein möglichst neutraler Stimmeindruck entstehen kann.
Wir bieten grundsätzlich Stimmtherapien für alle Personen an – unabhängig davon, ob Sie eine angleichende Hormontherapie oder Stimm-Operation planen, durchführen oder ablehnen. Wir beraten Sie auf Wunsch gerne in Bezug auf Ihre Stimme und ob der Zeitpunkt für eine Stimmtherapie aktuell sinnvoll ist.
In unserer Praxis stehen Ihnen mehrere kompetente und erfahrene Kolleg:innen aus unserem Team
Maria Wilde , Alina Gabers, Fenja Ressel und Katrin Nielsen
bei der Stimmtransition zur Seite. Sie alle haben dementsprechende Fortbildungen besucht, die sie im besonderen Maße für diese Arbeit spezialisieren.
Um die therapeutische Arbeit auf dem aktuellen Stand zu halten und die Qualität stets weiterzuentwickeln, besuchen sie weitere Fortbildungen, nehmen selbst Supervisionen wahr und besuchen Arbeitskreise, wie z.B. „Fokus Stimme und Trans*“ oder „Runder Tisch trans* Norddeutschland“.
Weitere Informationen sind in dem Buch
"Stimme und Transidentität: Über die Bedeutung der Stimme – Stimmangleichung und Stimmtherapie für trans* Menschen"
von unserer Kollegin Maria Wilde nachzulesen.
zum Verlag